Nach intensiven Diskussionen konnte gestern durch die Stadtverordnetenversammlung eine Lösung gefunden werden, die die Finanzierung und den Weiterbetrieb vorerst ermöglicht.
Seit 2016 bieten die Lebenswelten im Oberlinhaus als einziger Leistungserbringer der Region eine Schulanschluss- und Ferienbetreuung für Jugendliche mit Beeinträchtigung ab 14 Jahren an. Das Nachmittags- und Ferienangebot ist in der Oberlinschule verortet und schließt eine wichtige Versorgungslücke, indem sie Eltern entlastet und den Jugendlichen eine bedarfsgerechte Freizeitgestaltung sowie mehr Teilhabe ermöglicht. Aufgrund einer Gesetzesänderung auf Landesebene, deren Konsequenzen in der Umsetzung seitens der beteiligten Ministerien nicht umfänglich zu Ende gedacht wurden, drohte eine etwaige Schließung des essenziellen Angebots jedoch zum 1. Februar 2025.
Der Hintergrund: Bis Ende 2024 wurde die SAB als freiwillige Leistung von der Stadt finanziert. Seit dem 1. Januar 2025 gilt sie als Pflichtleistung im Rahmen des brandenburgischen Kinder- und Jugendgesetzes. Doch eine unklare Formulierung im Gesetz führte dazu, dass die Landeshauptstadt Potsdam die Gesetzeslage so interpretiert, als handle es sich bei dem Angebot um eine Leistung zur sozialen Teilhabe, zu derer umfänglich das volle Eingliederungshilferecht anzuwenden sei. Das brächte mich sich, dass Eltern sich einer umfassenden Einkommens- und Vermögensprüfung unterziehen lassen müssen, welche aufgrund der Bemessungsgrenzen unverhältnismäßig hohe Selbstkosten für die Eltern bedeutet – mit Kosten von bis zu oder sogar mehr als 1.000 Euro monatlich. Unabhängig davon, dass dies im Ergebnis für die deutliche Mehrheit der Familien nicht tragbar gewesen wäre, möchte das Oberlinhaus an dieser Stelle den Fokus auf die Ungleichbehandlung von Eltern von Kindern mit besonderen Bedarfen lenken: Es ist vollkommen unstrittig, dass sich Eltern mit einem angemessenen Eigenteil – vergleichbar mit z.B. dem der Kita/ regulären Hortbetreuung – an der Finanzierung beteiligen. Das Land Brandenburg wollte mit seiner neuen Regelung eine Verbesserung der Situation von Familien mit Kindern mit Behinderung erreichen – soziale Teilhabe und Teilhabe an Bildung durch eine Verpflichtung der Kommunen und Landkreise sichern. Hier muss auf Landesebene entsprechend nachgeschärft und auch eine Kommentierung zum Gesetz herausgegeben werden. Bis dahin gilt es, eine Übergangslösung zu finden, welche den nahtlosen Betrieb des Angebotes sichert.
Dank des entschlossenen Einsatzes von verschiedenen Akteuren aus dem Oberlinhaus, von Politik und Verwaltung – nicht zuletzt auch dem der Eltern – wurde nun endlich eine Lösung gefunden. In der Stadtverordnetenversammlung am 10.03.2025 wurde beschlossen, dass eine konzeptionelle Anpassung die Grundlage für eine gesicherte Fortführung des Angebots ermöglichen kann. Der entscheidende Punkt: Solange die SAB mit ihrer bisherigen konzeptionellen Grundlage betrachtet wurde, fiel sie rechtlich unter keine der vorhanden Leistungen Kinder- und Jugendhilfe bzw. Eingliederungshilferecht. Die neue Gesetzesregelung ermöglich eine Fortsetzung als Regelangebot der Teilhabe an Bildung, welches aus fachlicher Auffassung des Oberlinhaus auch vollkommen richtig ist und die kritische Vermögensprüfung nicht erfordert. Nach einer konzeptionellen Überarbeitung kann die SAB dann als Maßnahme zur Teilhabe an Bildung gewertet werden. Diese Neuausrichtung stellt sicher, dass das Angebot weiterhin allen Jugendlichen offensteht und die Stadt Potsdam ihren Versorgungsauftrag erfüllt.
„Die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung erleichtert uns und vor allem die Eltern sehr. Die Gefahr einer Schließung ist damit abgewendet, und die Teilhabe der Jugendlichen bleibt gesichert“, erklärt Juliane Höpfner, Geschäftsführerin der Lebenswelten im Oberlinhaus. Darüber hinaus wurde beschlossen, dass die Stadt Potsdam die Betreuung übergangsweise als Härtefall finanzieren soll, bis die endgültige gesetzliche Regelung mit dem brandenburgischen Gesundheitsministerium abgestimmt ist. Hierzu steht die Zusage des Ministeriums für Gesundheit und Soziales gegenüber der Landeshauptstadt Potsdam aus. Das Oberlinhaus wird nun seine Konzeption entsprechend anpassen und eine neue Vereinbarung mit der Stadt schließen.
„Die Entscheidung zeigt, dass politisches Engagement Wirkung zeigt. Nun gilt es, die Umsetzung dieser Lösung dauerhaft abzusichern, um Jugendlichen mit Behinderung weiterhin ein verlässliches Nachmittags- und Ferienangebot zu ermöglichen und einen Beitrag für eine gelingende Teilhabe zu leisten“, so Höpfner abschließend.